Nachbarn & Notwegerecht – Keine Garagenzufahrt!
Der BGH hat entschieden: Keine Garagenzufahrt für Nachbarn über Notwegerecht!
Der BGH hat sich Ende 2021 (Urt. v. 19.11.2021, Az. V ZR 262/20) erneut mit dem Notwegerecht nach § 917 Abs. 1 BGB befasst. Kläger und Beklagter waren Eigentümer von benachbarten Grundstücken. Zuvor erfolgte eine Grundstücksteilung. Die Klägerin hatte ein Haus zu Wohnzecken und einen genehmigten Garagenbau für zwei Garagen. Dieses Grundstück lag zwar an einer öffentlichen Straße, jedoch waren die Garagen nur vom Grundstück des Beklagten zu erreichen. Ursprünglich hatte daher der vorherige Eigentümer des beklagten Grundstücks zugunsten des Grundstücks der Klägerin eine Grunddienstbarkeit als Geh- und Fahrtrecht eingetragen. Dieses wurde aber bei der Zwangsversteigerung gelöscht, da sie nicht in das geringste Gebot fiel. Auf dem Grundstück vom Beklagten besteht zudem eine Baulast, dass der Verkehr von den Garagen und erforderliche Feuerwehr- und Rettungsfahrzeuge möglich ist.
Nun wollte die Klägerin den Beklagten zur Duldung der Benutzung der Zufahrt zum Erreichen des Garagenbaus mit Kraftfahrzeugen verpflichten. Zudem beantragte sie Beseitigung eines Betonpodestes. Dieses beeinträchtige das Notwegerecht und die Ausübung der durch die Baulast bewirkten Gestattung.
Vorinstanzen
Das LG Frankfurt am Main (Urt. v. 06.12.2018, Az. 2-31 O 262/16) wies die Klage ab, das Berufungsgericht (OLG Frankfurt am Main, Urt. v. 03.11.2020 – 16 U 9/19) wies die Berufung zurück.
Bundesgerichtshof - kein Anspruch auf Notwegerecht wegen Garagenzufahrt
Der BGH hat die ordnungsgemäße Benutzung in § 917 Abs. 1 S. 1 BGB weiter konkretisiert. An diese sind hohe Anforderungen zu stellen, da eine Garagenzufahrt durch ein solches Notwegerecht für den Nachbarn auch einen schweren Eingriff in das Eigentum darstellt. Dem muss gegenübergestellt werden, dass eine Zufahrt zum Grundstück nicht unzumutbar schwer wird.
Der BGH verneinte die Voraussetzungen des § 917 Abs. 1 BGB. Es nimmt an, dass die Verbindung mit dem öffentlichen Weg für die ordnungsgemäße Nutzung des Grundstücks ausreichend sei und daher keine Notlage für das Grundstück bestehe. Ob ein Grundstück ordnungsgemäß genutzt werden könne, bemesse sich dabei nicht an einem subjektiven Maßstab, sondern sei vielmehr nach objektiven Maßstäben zu beurteilen und dem, was wirtschaftlichen Verhältnissen entspreche, wobei Grundstücksgröße, Umgebung, Benutzungsart und weitere Einzelfallumstände zu beachten seien.
Der BGH konkretisiert den Begriff der ordnungsgemäßen Nutzung
„Eine in diesem Sinn ordnungsmäßige Benutzung bei einem Wohngrundstück setzt in der Regel (nur) die Erreichbarkeit mit Kraftfahrzeugen voraus (vgl. Senat, Urteil vom 11. Dezember 2020 – V ZR 268/19, NJW-RR 2021, 738 Rn. 9; Urteil vom 18. Oktober 2013 – V ZR 278/12, NJW-RR 2014, 398 Rn. 12; Urteil vom 12. Dezember 2008 – V ZR 106/07, NJW-RR 2009, 515 Rn. 24). Von der Erreichbarkeit des Grundstücks zu unterscheiden ist das Interesse eines Eigentümers, auf sein Grundstück zu fahren und den Personenkraftwagen dort abzustellen. Grenzt das Grundstück, für das ein Notweg beansprucht wird, an eine öffentliche Straße, so kann es mit Personenkraftwagen angefahren werden. Damit ist seine ordnungsmäßige Benutzung zu Wohnzwecken selbst dann gewährleistet, wenn keine Personenkraftwagen auf dem Grundstück abgestellt werden können. Eine Zufahrt über das Nachbargrundstück, um das Fahrzeug auf dem eigenen Wohngrundstück abstellen zu können, ist dem Eigentümer nach § 917 Abs. 1 BGB nicht zuzubilligen, selbst wenn er ein hochwertiges Fahrzeug besitzt.“
Auch stellte der BGH fest, dass die baurechtliche Genehmigung der Bauten auf dem Grundstück zwar eine notwendige, aber eben keine hinreichende Voraussetzung für ein Notwegrecht sei (vgl. Senat, Urteil vom 11. Dezember 2020 – V ZR 268/19, NJW-RR 2021, 738 Rn. 16).
Zwar befinden sich die Garagen auf einem verbindungslosen Teil des Grundstücks, d.h. dass die Garagen ohne das Notwegerecht nicht mehr zum Einstellen von Kraftfahrzeugen verwendet werden können. Doch der BGH führte auch dazu aus „Bei einem Wohngrundstück gehört das Abstellen von Kraftfahrzeugen, wie unter II. 1 a bb dargelegt, aber nicht zu einer ordnungsmäßigen Nutzung im Sinne des § 917 BGB. Folglich kommt bei einem solchen Grundstück ein Notweg nicht in Betracht, um eine Zufahrt zu einer Garage zu schaffen, die über die bestehende Verbindung zu einem öffentlichen Weg nicht erreichbar ist. Die gesonderte Betrachtung eines Grundstückteils im Rahmen des § 917 BGB wird im Regelfall nur bei Gewerbegrundstücken in Frage kommen, deren ordnungsmäßige Benutzung es nach den Umständen des Einzelfalls erfordert, dass auf dem verbindungslosen Grundstücksteil Kraftfahrzeuge be- und entladen sowie gegebenenfalls auch abgestellt werden, so dass eine Zufahrt notwendig ist.“
Auch aus der Baulast auf dem Grundstück des Beklagten ergebe sich kein anderes Ergebnis. Das hat der BGH schon in vorheriger Rechtsprechung so gesehen und nun erneut bekräftigt. Die Baulast sei eine öffentlich-rechtliche Baubeschränkung, die dem Begünstigen privatrechtlich weder einen Nutzungsanspruch, noch dem Belasteten eine Duldungspflicht auferlegt (vgl. auch Senat, Urteil vom 7. Oktober 1994 – V ZR 4/94, NJW 1995, 53, 54 f.; Urteil vom 8. Juli 1983, V ZR 204/82, BGHZ 88, 97, 101)
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