Duldungspflicht des Nachbarn bei Lichtimmissionen?
Besteht eine Duldungspflicht des Nachbarn bei Lichtimmissionen oder besteht ein Abwehranspruch?
Immer wieder kommt es zu Nachbarschaftsstreitigkeiten. 2014 hatten unter anderen in Baden-Württemberg 42,9 % der Befragten in einer Umfrage von Statista Research Department Erfahrungen mit Streitigkeiten mit dem Nachbar.
Wie sieht es denn nun aus, wenn einer der Nachbarn durch Lichtimmissionen gestört wird? Gibt es einen Abwehranspruch des Nachbarn bei Lichtimmissionen oder besteht eine Duldungspflicht?
Regelungen für Nachbarn bei Lichtimmissionen
§§ 903ff. BGB - Regelungen über Nachbarn
Das Nachbarrecht wurde in den §§ 903ff. BGB geregelt. Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche ergeben sich aus § 1004 BGB. Licht (z.B. Lichterketten, Gartenbeleuchtung, etc.) ist eine Immission, die unter § 906 BGB fällt. § 906 Abs. 1 BGB regelt Duldungspflichten und formuliert:
„Der Eigentümer eines Grundstücks kann die Zuführung von Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch, Erschütterungen und ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt.“
Bundesimmissionsschutzgesetz - Lichtimmissionen etc.
Auch kommen Ansprüche nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz in Betracht. Hier kommt es darauf an, ob eine „erhebliche Belästigung“ im Sinne des § 3 Abs. 1 BImSchG gegeben ist. Der Begriff der „erheblichen Belästigung nach dem BImSchG und der der wesentlichen Beeinträchtigung“ aus § 906 BGB werden in der Rechtsprechung zur Vereinheitlichung gleichgesetzt(BGH, Urt. v. 23.03.1990, Az. V ZR 58/89).
Urteile zur Duldungspflicht des Nachbarn
Im Folgenden wird einiges an Rechtsprechung zum Abwehranspruch und zur Duldungspflicht bei Störungen des Nachbarn durch Lichtimmissionen dargestellt.
Keine Duldungspflicht bei dauerhafter Außenbeleuchtung mit 40 Watt
In einem Urteil des LG Wiesbaden wurde am 19.12.2001 (Az. 10 S 46/01) entschieden, dass, unter Abwägung der Einzelfallumstände, bei dem vorliegenden Fall eine dauerhaft betriebene Außenbeleuchtungmit einer Glühbirne von 40 Watt nicht vom Nachbar geduldet werden muss, er hat also einen Abwehranspruch bei Störungen durch ein solches Licht. Der Nachbar müsse nicht Vorhänge oder auch Rollladen schließen, damit er vom Licht nicht gestört werde, vor allem, wenn dies sogar den Schlaf störe.
Duldungspflicht des Nachbarn bei Skybeamern
Sog. Skybeamer und andere Laser, die an den Himmel leuchten sind nach dem Oberlandesgericht Zweibrücken (Az. 7 U 161/00) zu dulden. Es bestehe keine „grenzüberschreitende Beeinträchtigung“ und Sie seien nicht heller als eine wolkenlose Vollmondnacht.
Anders kann es jedoch zu beurteilen sein, wenn doch eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung bestehe, weil z.B. Autofahrer abgelenkt werden.
Weihnachtsbeleuchtung ist vom Nachbarn zu dulden
Weihnachtsbeleuchtung ist grundsätzlich erstmal zu dulden. Grund ist, dass diese nur für wenige Wochen besteht und auch ein ortsüblicher Gebrauch ist.
Von den Umständen des Einzelfalls ist es aber dann abhängig, ob diese auch in der Nacht leuchten darf. Insbesondere bei blinkender Weihnachtsbeleuchtung in der Nacht kann ein Unterlassungsanspruch des Nachbarn in Betracht kommen.
Duldungspflicht bei Lichtimmissionen einer Straßenlaterne
Jedoch hat der beeinträchtigte Grundstückeigentümer nach dem OVG Niedersachsen (Urteil vom 13.9.1993, Az. 12 L 68/90) einen Anspruch auf eine Abschirmeinrichtung, wenn dafür nur ein geringer Aufwand erforderlich ist und keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung entstehe.
Keine Duldungspflicht bei Blendung durch Photovoltaikanlage
Das OLG Karlsruhe (Az. 9 U 184/11) entschied, dass das Blenden aufgrund einer Photovoltaikanlage vom Dach des Nachbarn keine ortsübliche Beeinträchtigung nach § 906 Abs. 1 BGB sei, denn es gäbe in dem Wohngebiet keine Beeinträchtigungen von ähnlicher Art und auch Intensität.
Brandenburgisches OLG – Urt. v. 07.12.2006, Az. 5 U 44/06 - Duldungspflicht bei einer Mauer
Im Fall des OLG aus Brandenburg wurde entschieden, dass ein Grundstückseigentümer keinen Beseitigungsanspruch habe bei einer bestehenden Mauer an der Grundstücksgrenze vom Nachbarn. Zwar stehe diese direkt vor dem WC, wodurch dem beeinträchtigten Eigentümer sowohl Licht als auch Belüftungsmöglichkeiten genommen werden. Doch es treffen ihn keine ungewöhnlich schweren Nachteile.
„Wesentliche Beeinträchtigungen“ durch Lichtimmissionen
Ob eine wesentliche Beeinträchtigung vorliegt, ist nach dem Verständnis eines „verständigen Durchschnittsmenschen“ zu beurteilen und nach dem, was nach Würdigung sowohl privater als auch öffentlicher Belange zumutbar ist (BGH, Urt. v. 14.11.2003, Az. V ZR 102/03).
„Die Zumutbarkeit von Lichtimmissionen beurteilt sich daher grundsätzlich nach den Grundsätzen, die die Rechtsprechung zum Gebot der Rücksichtnahme entwickelt hat. Abzustellen ist auf den Grad der tatsächlichen und rechtlichen Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit der betroffenen Innen- und Außenwohnbereiche des Nachbarn. Das Maß der Schutzbedürftigkeit in tatsächlicher Hinsicht kann im Einzelfall davon abhängen, ob und inwieweit der Nachbar ohne größeren Aufwand im Rahmen des Ortsüblichen und Sozialadäquaten zumutbare Abschirmmaßnahmen ergreifen kann (zumutbarer Eigenschutz).“
Nach dem OLG Karlsruhe ist auch maßgeblich, ob die Lichtstrahler auf eigene Teile des Grundstücks des Nachbarn gerichtet sind oder direkt das Grundstück oder das darauf stehende Haus des beeinträchtigten Eigentümers anstrahle (OLG Karlsruhe, Urt. v. 20.2.2018 – 12 U 40/17).
Rechtsberatung bei Streitigkeiten mit den Nachbarn
Dr. Krieg und Kollegen Köln berät und vertritt sie in gerichtlichen und außergerichtlichen Streitigkeiten mit ihren Nachbarn, egal ob es wegen einer Duldungspflicht bzw. einem Abwehranspruch (Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch) von Lichtimmissionen oder aber wegen anderer Störungen, z.B. Lärm, Geruch etc. ist.
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