Durchsetzung von Ansprüchen nach der Liquidation der GmbH
Wir geben einen Überblick über die Durchsetzung von Ansprüchen nach der Liquidation einer GmbH!
Das Institut für Mittelstandsforschung in Bonn zählte im Jahr 2021 216.00 Liquidationen in Deutschland. Dabei können die Gründe ganz unterschiedlich sein. So kann die Unrentabilität eines Unternehmens, aber auch das Erreichen des Betriebszwecks zu einer Liquidation führen. Auch der Tod oder aber Krankheiten von Gesellschaftern können Gründe sein. Doch wie kann man nach der Liquidation der GmbH eine Durchsetzung von Ansprüchen bestmöglich durchführen? Was ist mit Kostenerstattungsansprüchen vom Gericht?
GmbH - Überblick zur Liquidation der GmbH
1. Auflösung der GmbH
Zunächst kommt es zur Auflösung der GmbH. Dies ist in § 60 GmbHG geregelt. Die Gesellschafter treffen beispielsweise einen Beschluss zur Auflösung der GmbH, § 60 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG. In diesem Stadium tritt die GmbH in ein Abwicklungsstadium zur Beendigung der Existenz ein. Es kommt aber noch nicht zu einer Aufhebung der Rechtspersönlichkeit. Damit ist die GmbH bisher immer noch parteifähig. Allerdings bedarf es zum Schutz des Rechtsverkehrs eines Zusatzes wie „in Liquidation“ oder „i.L.“. Dritte müssen erkennen können, dass sich die Gesellschaft im Auflösungsstadium befindet.
2. Eintragung ins Handelsregister
Eine Auflösung der GmbH muss nach § 65 GmbHG zur Eintragung in das Handelsregister angemeldetwerden. Dabei sollte der Grund für die Auflösung genannt werden. Verpflichtet zur Anmeldung sind die gesetzlichen Vertreter. Das kann ein Liquidator sein, wenn eine schon eingetretene Auflösung eingetragen werden muss. Dann ist eine Eintragung deklaratorisch. Es kann aber auch der Geschäftsführer sein, wenn die Rechtswirkungen der Auflösung erst mit Eintragung beginnen. Dann ist eine Eintragung konstitutiv. Liquidatoren sind ebenfalls in das Handelsregister einzutragen, § 67 GmbHG.
3. Bekanntmachung in den Gesellschaftsblättern
Weiterhin bedarf es zur Auflösung deren Bekanntmachung in den Gesellschaftsblättern, § 65 Abs. 2 GmbHG. Früher war eine dreimalige Veröffentlichung erforderlich, heute reicht eine einmalige Veröffentlichung. Dies wird auch als Gläubigeraufruf bezeichnet und dient der Unterrichtung der Gläubiger. Im Folgenden soll für Gläubiger die Möglichkeit bestehen, noch Forderungen geltend zu machen.
4. Sperrjahr
Ab dem öffentlichen Aufruf in den Gesellschaftsblättern beginnt ein Sperrjahr. Es dient dem Schutz der Gläubiger. § 73 Abs. 1 GmbHG regelt ein Verbot der Ausschüttung an die Gesellschafter.
5. Verteilung des Vermögens der GmbH
Das Reinvermögen der Gesellschaft wird nach Ablauf des Sperrjahres und Befriedigung aller Gläubiger an die Gesellschafter entsprechend den Geschäftsanteilen verteilt, § 72 GmbHG.
6. Löschung der GmbH
Sind keine Abwicklungsmaßnahmen mehr notwendig, so ist die Liquidation der GmbH beendet. Das ist Voraussetzung für eine Anmeldung des Erlöschens der GmbH im Handelsregister. Somit stellt dies auch die Voraussetzung für eine Vollbeendigung dar. Es bedarf einer Anmeldung zur Handelsregistereintragung, § 74 Abs. 1 GmbHG. Bei Eintragung der Löschung der Gesellschaft (und daraus folgend auch bei Beendigung der Liquidation) ist die Gesellschaft vollbeendet. Es bedarf also sowohl der Vermögenslosigkeit als auch der Löschung zur Vollbeendigung.
Überblick zur Nachtragsliquidation bei einer GmbH - Durchsetzung von Ansprüchen
Nun kommen wir zum Überblick über die Nachtragsliquidation bei einer GmbH. Nach der Löschung kann eine sog. Nachtragsliquidation stattfinden, die GmbH lebt quasi wieder auf. Diese muss beim zuständigen Firmenbuchgericht beantragt werden. Einen solchen Antrag kann stellen, wer ein rechtliches Interesse an der Verwertung und auch Verteilung des Gesellschaftsvermögen hat. Das sind z.B.:
- Gläubiger
- Gesellschafter
- sonstige Dritte
Voraussetzung ist, dass nach Auflösung und auch Löschung der Gesellschaft weiter Vermögen der GmbH aufkommt oder aber erforderliche Abwicklungsmaßnahmen nicht getätigt wurden. Aufkommendes Vermögen kann eine Forderung oder aber Schadensersatzanspruch der Gesellschaft sein, aber auch Grundpfandrechte. Als solche nichtvermögensrechtlichen Maßnahmen kommen u.a. in Betracht:
- 71 Abs. 1 GmbHG Nachholung unterlassener Liquidations-Rechnungslegung
- Zeugniserteilung für Arbeitnehmer
- Steuerbescheide
- Abgabe von Löschungsbewilligungen beim Grundbuchamt
Das Vermögen der Gesellschaft muss glaubhaft gemacht werden. Früher musste der Antragssteller nachweisen, dass die Aktiva der GmbH größer sind als die Kosten der Nachtragsliquidation. Heute reicht es aber aus, wenn der Antragssteller die Kosten einzahlt und der Nachtragsliquidator erklärt, dass er keine Vergütung gegenüber der Staatskasse geltend mache. Das OLG Celle (veröffentlich in GmbHR 1997, S. 752) lies greifbare Anhaltspunkte für einen bestehenden Anspruch ausreichen.
Daraufhin wird durch das Firmenbuchgericht ein Nachtragsliquidator bestellt. Das ist die Person, die die gelöschte GmbH vertritt. Dabei hat das Gericht kein Ermessen, ob sie einen solchen Nachtragsliquidator überhaupt bestellt, sondern nur, wen sie dafür bestellt (Bay ObLG, DB 2004, S. 179, 180f.). Ohnehin erlischt die Rechtspersönlichkeit der GmbH nur bei Löschung und Vermögenslosigkeit. Da ja im Fall der Nachtragsliquidation Vermögen vorhanden ist, erlischt auch die Rechtspersönlichkeit nicht.
Problematisch kann sich aber das Finden eines freiwilligen Nachtragsliquidators darstellen. Es bedarf meist finanzieller Aufwendungen seitens der Gesellschaft, die sie zahlen muss. Allerdings hat diese ja zunächst noch keins, sondern muss dieses erst eintreiben. Daher kann es zum Ablehnen des Antrags auf Nachtragsliquidation kommen, wenn niemand gefunden wird.
Bei einer Vollbeendigung dagegen, kann eine Forderung nicht mehr geltend gemacht werden. Eine Nachtragsliquidation ist gegen eine gelöschte Gesellschaft nicht möglich.
Nachtragsliquidation - Wiedereintragung der GmbH?
Es bedarf keiner Wiedereintragung der Gesellschaft, wenn eine Nachtragsliquidation von nur geringem Umfang vorliegt und lediglich einzelne Maßnahmen zur Abwicklung erforderlich sind. Es genügt dann ein richterlicher Beschluss. Bedarf es mehrerer Handlungen, so bedarf es auch einer Eintragung der Nachtragsliquidation im Handelsregister.
Bei Bestätigung des Vermögens und nachträglicher Genehmigung der Nachtragsliquidation muss dem Gericht der Beschluss von dem Firmenbuchgericht vorgelegt werden. Dies dient der Darlegung der Prozessfähigkeit der GmbH. Damit erfolgt eine Klagezustellung an den Liquidator.
Aktuelle Urteile zur Nachtragsliquidation einer GmbH
Im Überblick aktuelle Urteile zur Nachtragsliquidation bei einer GmbH.
Das OLG Hamm entschied, dass die Verjährung bei Löschung der Schuldner-GmbH im Handelsregister wegen Vermögenslosigkeit gehemmt wird. Es liegt „höhere Gewalt“ nach § 206 BGB vor, wenn der Gläubiger ohne Schuld in Unkenntnis von Tatsachen ist, die die Nachtragsliquidation rechtfertigen.
Der BGH entschied, dass Gesellschaftsgläubiger, die bei der Liquidation übergangen wurde, auch den Liquidator direkt in Anspruch nehmen kann. Es besteht ein Anspruch auf Zahlung der Vergütung. Dadurch werden aufwendige Register- und Zwangsvollstreckungsverfahren vermieden. Ein solcher Anspruch werde aus einer entsprechenden Anwendung der §§ 168 Abs. 2 S. 1, 93 Abs. 5 AktG begründet. Danach können Gläubiger, die bei einer Abwicklung einer AG übergangen wurden, gegen den Abwickler Ersatzansprüche geltend machen. Unklar ist aber nach dem BGH-Urteil, ob dies auch möglich ist, wenn mehrere Gläubiger übergangen wurden und nicht nur einer.
Kosten der Nachtragsliquidation bei einer GmbH
Bei einer Nachtragsliquidation entstehen Gerichtskosten. Das Gericht setzt diese regelmäßig in Höhe von zwei Gerichtsgebühren zum Gegenstandswert von 60.000€ fest. Bei einem konkreten Vortrag des Antragssteller, dass in dem konkreten Verfahren vom Regelstreitwert abgewichen wird, kann der Gegenstandswert auch niedriger sein. Diese Kosten müssen als Vorschuss gezahlt werden. Auch kommen noch Kosten für den Nachtragsliquidator hinzu. Die Gerichtskasse zahlt diese Kosten wohl nicht.
Kostenerstattungsanspruch eines Verfahrens
Was ist wenn die Liquidation einer GmbH abgeschlossen, diese auch bereits im Handelsregister gelöscht ist, allerdings die GmbH noch Partei eines gerichtlichen Verfahrens ist, deren Kosten sie im Endeffekt eigentlich bezahlen muss? Die andere Partei hat also eigentlich einen Kostenerstattungsanspruch. Das OLG Koblenz (Beschl. v. 14.03.2016, Az. 14 W 115/16) beschrieb
„Durch die Auflösung und die Löschung der GmbH wird das Gesellschaftsverhältnis nicht beendet. Vielmehr wird die GmbH zu einer Liquidationsgesellschaft, bis die Geschäfte abgewickelt sind. An der Rechts- und Parteifähigkeit ändert die Auflösung nichts (vgl. BGH NJW-RR 1986, 394 und NJW-RR 1986, 836; BGH WM 1964, 152; BGHZ 1, 325 OLG Koblenz JurBüro 2004, 321).Die Löschung hat keine rechtsgestaltende Wirkung. Durch die Löschung allein wird die Gesellschaft nicht endgültig beendet (BGH NJW-RR 1986, 836; BGH LM § 64 GmbHG Nr. 1; hierzu auch Bork JZ 1991, 841)“
Der Anspruch auf Erstattung der Gerichtkosten entsteht also schon aufschiebend bedingt durch Beginn des Verfahrens, sodass die GmbH noch nicht alle ihre Verbindlichkeiten beglichen hat. Mithin existiert die GmbH noch. Die Gegenpartei kann von der GmbH noch Ersatz der Kosten verlangen.
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