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BGH: Nicht alles ist Werbung

BGH: TapTags Werbung für Infleuncer?

Der Bundesgerichtshof hat am 09. September 2021 in drei Verfahren darüber urteilen müssen, ob Influencer Ihre Instagram-Beiträge als Werbung kennzeichnen müssen.

Bereits am 29. Juli 2021 hatte der BGH zu den drei Verfahren verhandelt. Unseren Beitrag dazu findet hier.

BGH: sind TapTags schon Werbung?

Nein – So zumindest der Tenor der Richter am BGH. Nicht alles ist Werbung, es sei denn der Gesamteindruck ist überwiegend werblich.

Die einzelnen Verfahren

Kläger war in jedem der zu behandelnden Fälle der Verband Sozialer Wettbewerb e. V. (VSW), zu dessen satzungsgemäßen Aufgaben die Wahrung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder einschließlich der Verfolgung von Verstößen gegen das Lauterkeitsrecht gehört.

Die Beklagten sind Influencerinnen, die auf Instagram Bilder veröffentlichen, die sie oftmals mit kurzen Begleittexten versehen. In einige Bilder haben sie sogenannte „Tap Tags“ eingefügt, die beim Anklicken von auf den Bildern zu sehenden Produkten wie etwa Bekleidung erscheinen und die Firmen oder Marken der Hersteller oder Anbieter dieser Produkte nennen. Beim Anklicken eines „Tap Tag“ wird der Nutzer auf das Instagram-Profil des jeweiligen Unternehmens weitergeleitet.

Influencerin Luisa-Maxime Huss (I ZR 90/20)

Das streitgegenständlichen Instagram-Bild zeigt eine abgebildete Himbeer-Marmelade („Rasperry Jam“), welches beim Anklicken einen „Tap Tag“ des dahinterstehenden Herstellers hervorhebt. Durch Klicken des „Tap-Tags“ wird man auf die Instagram-Profil des Herstellers weitergeleitet. Die Influencerin hat für diesen Beitrag eine Gegenleistung erhalten.

Entscheidung des BGH

Der BGH entschied in dem Fall von Luisa-Maxime Huss, dass der Klägerin ein Unterlassungsanspruch gegen die Influencerin gem. § 8 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Nr. 2, § 3 Abs. 1, § 5a Abs. 6 Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) zusteht. Für die Frage, ob eine nach dem Gesamteindruck überwiegende Werblichkeit vorliegt, führt der BGH aus:

„Allein der Umstand, dass Bilder, auf denen das Produkt abgebildet ist, mit „Tap Tags“ versehen sind, reicht für die Annahme eines solchen werblichen Überschusses nicht aus. Bei einer Verlinkung auf eine Internetseite des Herstellers des abgebildeten Produkts liegt dagegen regelmäßig ein werblicher Überschuss vor.“

Influencerin Leonie Hanne (I ZR 125/20)

Die Beklagte betreibt Ihren Instagram-Account überwiegend kommerziell und postet regelmäßig Beiträge mit Begleittexten, in denen Sie diverse Hersteller erwähnt. Ebenso sind die Bilder mit „Tap-Tags“ verbunden.

Entscheidung des BGH

Mangels Gegenleistung liegt hier kein Verstoß gegen das Lauterkeitsrecht gem. § 8 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Nr. 2, § 3 Abs. 1, § 5a Abs. 6 sowie § 3a UWG  in Verbindung § 6 Abs. 1 Nr. 1 TMG oder § 58 Abs. 1 Satz 1 RStV vor. Denn ohne Gegenleistung liege keine kommerzielle Kommunikation bzw. Werbung vor.

Influencerin Cathy Hummels (I ZR 126/20)

Auch in diesem Fall betreibt die Beklagte einen Instagram-Account, welchen Sie überwiegen kommerziell nutzt, und veröffentlicht dort regelmäßig Bilder mit Begleittexten. Beiträge, für welche Sie eine Gegenleistung erhält, kennzeichnet Sie mit „bezahlte Partnerschaft mit …“. Die beanstandeten Beiträge enthielten keine Kennzeichnung, jedoch „Tap-Tags“.

Entscheidung des BGH

Hier liegt ebenfalls kein Unterlassungsanspruch nach § § 8 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Nr. 2, § 3 Abs. 1, § 5a Abs. 6 sowie § 3a UWG  in Verbindung § 6 Abs. 1 Nr. 1 TMG oder § 58 Abs. 1 Satz 1 RStV vor. Mangels Gegenleistung in den beanstandeten Beiträgen, kann nicht von einer kommerziellen Kommunikation bzw. Werbung gesprochen werden.

Was lässt sich aus den Entscheidung mitnehmen?

Grundsätzlich wird bei der Frage, ob eine Kennzeichnungspflicht besteht, unterschieden, ob eine geschäftsähnliche Handlung zugunsten des eigenen Unternehmens oder zugunsten eines anderen Unternehmens vorliegt.

Eigenes Unternehmen

Hier soll sich der werbliche Charakter bereits aus den Umständen ergeben, dass Influencer*innen Waren anpreisen, Dienstleitungen anbieten, sich selbst vermarkten und die sozialen Medien nutzen, um Ihren Bekanntheitsgrad und Werbewert, also Ihr eigenes Unternehmen, zu fördern.

Anderes Unternehmen

Eine geschäftsähnliche Handlung soll nur dann vorliegen, wenn aufgrund des Gesamteindrucks von einer übertriebenen Werblichkeit ausgegangen werden muss. Das Vorliegen von „Tap Tags“ reiche für eine solche Annahme nicht aus, erst dann, wenn darüber hinaus auf die Seite oder das Social-Media Profil des Herstellers verweisen. Insbesondere dann, wenn eine Gegenleistung erbracht wurde.

In jeden Fall gilt aber, dass Beiträge, für die Influencer*innen eine Gegenleistung vom Hersteller erhalten, als Werbung zu kennzeichnen sind.

Kritik an Urteil des BGH

Eine richtige Guideline für Influencer ergibt sich aus den Urteilssprüchen allerdings nicht. Daher gilt bei der Verwendung von „Tap-Tags“: Es kommt drauf an.

Es mag auf den ersten Blick befremdlich sein, dass die Verwendung von „Tap-Tags“ an sich nicht für eine übertriebene Werblichkeit spreche, das Verlinken auf die dahinterstehenden Hersteller (Homepage, Social-Media Profil etc.) allerdings doch.

Der BGH sagt dazu:

Das Nichtkenntlichmachen des kommerziellen Zwecks eines solchen mit „Tap Tags“ und Verlinkungen versehenen Beitrags ist regelmäßig geeignet, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung – dem Anklicken des auf das Instagram-Profil des Herstellers führenden Links – zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.

Wie sollten sich Influencer jetzt verhalten?

In jeden Fall gilt, dass, wer eine Gegenleistung erhält, zur Kennzeichnung als Werbung verpflichtet wird.

Darüber ist die Verwendung von „Tap-Tags“ weiterhin heikel. Der Vorsitzende des entscheidenden Senats – Prof. Dr. Thomas Koch – vergleicht einen Instagram-Account mit einem Lifestyle-Magazin. Influencer seien für Ihre Follower echte Stars, von denen man wissen möchte, was sie anziehen, wie sie leben und wohin sie reisen.

Demnach sollte das Informationsinterresse der Instagram-Benutzer bei jedem Instagram-Beitrag von Influencerin im Vordergrund stehen.

Demnach könnte jeder Influencer, der einen Instagram-Beitrag (o. Ä.) postet, in Hinblick auf eine Kennzeichnungpflicht Gefahr laufen erfolgreich abgemahnt zu werden, wenn

  • der Beitrag den Rahmen einer sachlichen veranlassten Information verlässt
  • der Beitrag ohne kritische Distanz das Produkt Herstellers lobend anpreist
  • der Beitrag eine Gegenleistung des Herstellers vorangegangen ist/nach sich zieht

Neues Gesetz ist schon auf dem Weg

Auch wenn die Entscheidung des BGH mit Spannung erwartet wurde, könnte sich die Rechtslage bald ändern. Denn zwischenzeitlich ist im August 2021 das Gesetz zur Stärkung des Verbraucherschutzes im Wettbewerbs- und Gewerberecht im Bundesgesetzblatt verkündet, das Ende Mai 2022 in Kraft treten wird.

Es ergänzt das Schleichwerbungsverbot des § 5a Abs. 4: Ein kommerzieller Zweck bei einer Handlung zugunsten eines fremden Unternehmens liegt nicht vor, wenn der Handelnde für die Handlung von dem fremden Unternehmen keine Gegenleistung erhält oder sich versprechen lässt.

Allerdings wird der Erhalt oder das Versprechen einer Gegenleistung künftig vermutet, wenn nicht der Influencer glaubhaft macht, dass er keine bekommen hat.

Rechtsvertretung von Influencern

Die Kanzlei Dr. Krieg & Kollegen berät Mandanten in bereichen des Influencer-Marketings, des Wettbewerbs- und Lauterkeitsrecht. Zögern Sie nicht uns zu kontaktieren. Rufen Sie uns unter der Telefonnummer 02236384390 zu unseren Geschäftszeiten – Montags bis Freitags von 09:00 – 17:00 Uhr – an, schreiben Sie uns eine E-Mail an info@krieg-rechtsanwalt.de oder nutzen Sie das unten stehenden Kontaktformular.

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