Besteht ein Anspruch auf Schadensersatz wegen unerwünschter Werbemails? Immer wieder gelangen Werbemails im Posteingang. Meist werden diese zwar ignoriert. Doch mittlerweile gibt es auch Gerichte, die dem Empfänger einen Anspruch auf Schadensersatz wegen unerwünschter Werbemails zu sprechen.
AG Diez - keine schwere Persönlichkeitsverletzung erforderlich
Das AG Diez (Urt. v. 07.11.2018, Az. 8 C 130/18) befasste sich als erstes Gericht mit dieser Frage. Zwar äußerte es sich nicht genau dazu, wie schwer ein Verstoß gegen die DSGVO sein muss, damit ein Anspruch auf Schmerzensgeld besteht. Doch es führte aus, dass einerseits keine schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung erforderlich sei, andererseits aber keine bloßen Bagatellverstöße genügen.
AG Hamburg-Bergedorf: Kein Schaden wegen unerwünschter Werbemails
AG Pfaffenhofen a.d. Ilm: Schadensersatzi.H.v. 300€ wegen unerwünschter Werbemails
Es ging um eine Werbemail an ein anwaltliches Postfach, ohne dass der Empfänger vorher seine Einwilligung erteilte. Es ging in der Werbemail um Vorteilsangebote für FFP2-Masken für Kinder. Der Kläger verlangte daraufhin in einer Mail die Information darüber, wann und wie seine E-Mail-Adresse gespeichert wurde und darüber hinaus die Zusendung einer Unterlassungserklärung mit einem Vertragsstrafeversprechen. Der Kläger wollte sein elektronisches Anwaltspostfach vor Werbung schützen. Das Unternehmen gab eine solche Unterlassungserklärung aber nicht ab. Es kam zu weiteren Werbemails. Der Kläger verlangte Schmerzensgeld nach Art. 82 DSGVO. Die Zusendung der Werbemails habe er als belastend und lästig angesehen.
Das AG Pfaffenhofen a.d. Ilm (Az. 2 C 133/21) nahm einen Anspruch auf Schmerzensgeld wegen einer Spam-Mail in Höhe von 300€ an. Es entschied, dass eine Datenschutzverletzung gegeben sei. Die Verwendung und Speicherung der Daten des Klägers sei ein Verstoß gegen die Rechtmäßigkeit der Datenerhebung.
Eine nach Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. a DSGVO und § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG erforderliche Einwilligung zur Datenverarbeitung wurde nicht erteilt. § 7 Abs. 1 UWG verbiete eine unzumutbare Belästigung von Marktteilnehmern durch Direktmarketing. § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG regele die Fälle einer unzumutbaren Belästigung. Dies sei auch bei Werbung ohne vorherige ausdrückliche Einwilligung der Fall. Eine Ausnahme nach § 7 Abs. 3 UWG sei nicht gegeben. Zudem wird eine Interessenabwägung durchgeführt und Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit.f) DSGVO als Rechtsgrundlage geprüft. Da der Kläger bisher in keiner Beziehung zum Beklagten stand überwiegen die Interessen des Klägers nach Ansicht des Gerichts. Auch die Informations- und Auskunftspflichten wurden nicht hinreichend erfüllt, Art. 14, 15 DSGVO. Der Kläger habe einen Anspruch aus Art. 82 DSGVO.
Schaden wegen ungutem Gefühl
Die europäische Auslegung hat einen weiten Schadensbegriff zugrunde gelegt, vgl. Erwägungsgrund 146. Das AG Pfaffenhofen bejahte einen Schaden aufgrund des „unguten Gefühls“. Es formulierte außerdem „unbefugte Datenverarbeitungen können zu einem Gefühl des Beobachtetwerdens und der Hilfslosigkeit führen, was die betroffenen Personen letztlich zu einem reinen Objekt der Datenverarbeitung degradiert.“ Zudem stuft Erwägungsgrund 75 einen persönlichen Kontrollverlust als Schaden ein.
Das AG formulierte zudem, dass die Schadenshöhe nicht willkürlich festgelegt werden darf. Vielmehr seien Schwere und Dauer der Rechtsverletzung mit zu berücksichtigen. In die Bemessung der Schadenshöhe wurde vorliegend aber lediglich die erste Mail einbezogen. Auf eine Erheblichkeitsschwelle komme es nicht an. Eine solche sei nicht in der DSGVO genannt. Die bisherige Rechtsprechung dagegen verlangte für einen Schadensersatzanspruch im Datenschutzrecht eine Überschreitung einer Erheblichkeitsschwelle.
Schadensersatz bejahende Urteile
Auch das LG Heidelberg (Urteil vom 16.3.2022, Az. 4 S 1/21) nahm einen Anspruch auf Schadensersatz i.H.v. 25€ an. Das AG Bonn (Az. 109 C 142/17) hat am 09.11.2017 einen Anspruch auf Kostenerstattung von 480,20€ angenommen. Der Empfänger der Mail habe einen Anspruch auf Erstattung der Rechtsanwaltsgebühren. Das sah auch das AG Ludwigshafen (Urteil vom 17.02.2006, Az. 2b C 509/05) so. Das OLG Hamm (Urteil vom 25.11.2016, Az. 9 U 66/15) verurteilte den Absender nach Abgabe einer Unterlassungserklärung und dem weiteren Absenden einer Werbemail zur Zahlung einer Vertragsstrafe von 3.000€.
Die Rechtsprechung ist beim Thema Schadensersatz wegen einer Spam-E-Mail uneinheitlich. Hoffentlich wird der EuGH sich auch zum Thema Schadensersatzanspruch für immaterielle Schäden bei Datenschutzverletzungen äußern.
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