Das Urteil des LG Bonn im Bussgeldverfahren gegen 1&1: Urteil und Anmerkung

Bereits in einem früheren Artikel hat sich Dr. Michael Krieg mit dem Urteil des LG Bonn (29 OWI 1/20) auseinandergesetzt.

Jetzt ist das Urteil rechtskräftig. Hier gelangen Sie zum Volltext!

Anmerkung zum Urteil des LG im Bussgeldverfahren gegen 1&1

Die Entscheidung ist ein absolutes Novum. Sie trägt nicht von ungefähr das Aktenzeichen 1 und begründet zum ersten Mal im deutschen Recht die Zulässigkeit der bußgeldrechtlichen unmittelbaren Haftung des Unternehmens.

Das Landgericht Bonn stellt selbst in den Entscheidungsgründen fest, dass die Entscheidung die erste ihrer Art ist. Ausdrücklich führt sie in IV. 2. b) aus: „Das deutsche Sanktionsrecht kennt eine solche unmittelbare Haftung von Unternehmen bislang nicht.“

Die Begründung ist detailliert und fußt im Wesentlichen auf der Anwendung des EU-kartellrechtlichen Unternehmensbegriffs in Anlehnung an den Erwähnungsgrund 150 zur DSGVO und dem Grundsatz der effektiven und gleichmäßigen Sanktionierung von Verstößen gegen die DSGVO, der die Anwendung des § 30 OWiG entgegenstünde.

Für die Anwendung des § 30 OWiG streitet u.a. der mit Verfassungsrang ausgestattete Grundsatz des nulla poena sine lege, der zu einer restriktiven Auslegung der Strafnormen führen muss.

Dass ein Streit solch gravierender Grundsätze entstehen muss, ist sicherlich zuvörderst der gesetzgeberischen Zurückhaltung bei Schaffung des § 41 BDSG zuzuschreiben. Dem nationalen Gesetzgeber wäre es ein Leichtes gewesen, sich eindeutig zu bekennen und den Art. 83 DSGVO dem Regime des § 30 OWiG zu unterwerfen oder eindeutig eine Verbandsstrafe in Anwendung des Unternehmensbegriffs aus dem europäischen Kartellrecht zu etablieren.

Dies hat er aber nicht getan. Der Gesetzgeber hat zwar ausdrücklich einen Verweis auf die Vorschriften des OWiG in § 41 Abs. 1 BDSG verankert, § 30 OWiG dabei aber weder eindeutig einbezogen noch ausgeklammert.

Muss aus der fehlenden Ausklammerung einer derart zentralen Vorschrift geschlossen werden, dass der Gesetzgeber von ihrer Anwendbarkeit ausgeht?

Letztlich wird wohl das Rechtsbeschwerdegericht diese Frage beantworten müssen.

Rechtsanwalt Dr. Michael Krieg

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