Arbeitsrecht: Benachteiligungsverbot & Ansprüche des Arbeitnehmers AGG Diskriminierung Benachteiligung Arbeitgeber

Arbeitsrecht – Benachteiligungsverbot & Ansprüche des Arbeitnehmer: Teil 1

In dieser Beitragsreihe stellen wir Ihnen im Überblick dar, wie es sich im Arbeitsrecht mit dem Benachteiligungsverbot verhält und welche Ansprüche des Arbeitnehmers  wegen eines Verstoßes nach § 15 AGG  (Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz) bestehen.

Immer wieder werden Arbeitnehmer am Arbeitsplatz benachteiligt. Das zeigt auch eine Statistik der Antidiskriminierungsstelle des Bundes in Berlin. Im Jahr 2016 gab es 2.625 Beratungsanfragen, 2019 gab es dagegen 3.580 Beratungsanfragen. Dabei handelt es sich zumeist um Diskriminierungen aufgrund der Herkunft, des Geschlechts oder aufgrund einer Behinderung.

Doch wie regelt das Arbeitsrecht bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot die Ansprüche des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber?

§ 1 AGG im Arbeitsrecht

§ 1 des AGG statuiert das Ziel, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

Benachteiligungsverbot in § 7 AGG

§ 7 AGG normiert in Bezug darauf ein Benachteiligungsverbot. Beschäftigte dürfen nicht wegen eines der oben genannten Gründe benachteiligt werden.

Dabei werden sowohl unmittelbare Benachteiligungen als auch mittelbare Benachteiligungen erfasst (§ 3 Abs. 1 und Abs. 2 AGG). Zudem fallen auch Belästigungen und sexuelle Belästigungen unter dem Begriff der Benachteiligung (§ 3 Abs. 3 und Abs. 4 AGG).

Benachteiligungsverbot - Ansprüche auf Schadensersatz nach § 15 Abs. 1 AGG

Im Arbeitsrecht stehen bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot durch den Arbeitgeber dem Arbeitnehmer nach § 15 Abs. 1 und Abs. 2 AGG Ansprüche auf Schadensersatz und Entschädigung zu.

Der Arbeitgeber muss dem Arbeitnehmer den hierdurch entstandenen Schaden ersetzen, § 15 Abs. 1 AGG. Dies gilt nur dann nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.  Der Arbeitgeber muss sich aber auch das Verschulden seiner Mitarbeiter anrechnen lassen.

Benachteiligungsverbot – Ansprüche auf Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG

Außerdem stehen dem Arbeitnehmer im Arbeitsrecht im Falle des Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot Ansprüche auf Entschädigung für einen Schaden, der nicht Vermögensschaden ist, nach § 15 Abs. 2 AGG zu. Dies stellt eine Art Schmerzensgeld dar. Dieser entsteht sogar unabhängig vom Verschulden des Arbeitgebers (BAG 22.01.2009, Az. 8 AZR 906/07 Leitsatz 1, Rn 66).

Der Arbeitgeber ist bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen dagegen nur dann zur Entschädigung verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt, § 15 Abs. 3 AGG. Sinn und Zweck dieser Haftungseinschränkung ist der Arbeitgeberschutz. Der Arbeitgeber soll nicht haften, wenn er Tarifverträge in fahrlässiger Unkenntnis von deren diskriminierender Wirkung einsetzt.

Das BAG sagt zudem, dass bei einem „Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot grundsätzlich das Entstehen eines immateriellen Schadens beim Arbeitnehmer anzunehmen ist, welcher zu einem Entschädigungsanspruch führt“ (BAG 22.01.2009, Az.: 8 AZR 906/07 Leitsatz 2). Der Arbeitnehmer muss also keine Beweise eines immateriellen Schadens führen.

Im Rahmen der Benachteiligung muss das Diskriminierungsmerkmal auch nicht Hauptmotiv sein. So hat das BVerfG entschieden, dass es ausreichend ist, wenn das Geschlecht bei der Entscheidung des Arbeitgebers zu Lasten des Bewerbers berücksichtigt wird.

Benachteiligungsverbot - Schäden nach § 15 Abs. 1, 2 AGG

Im Rahmen der Ansprüche nach § 15 Abs. 1 AGG werden bei Verstößen gegen das Benachteiligungsverbot im Arbeitsrecht materielle Schäden ersetzt. Der Arbeitnehmer hat einen Schadensersatzanspruch gegen den Arbeitgeber. Materielle Schäden im Sinne des § 15 Abs. 1 AGG sind die entgangenen Vermögensvorteile. Im Falle eines nicht eingestellten Bewerbers ist dies das entgangene Arbeitsentgelt. Auch kann der Arbeitnehmer die Bewerbungskosten ersetzt verlangen.

Bei immateriellen Schäden muss der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer dagegen nach § 15 Abs. 1 AGG eine Entschädigung zahlen. Unter immaterielle Schäden nach § 15 Abs. 1 AGG fallen Verletzungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts aber auch die Folgen für die Psyche von Beleidigung, Benachteiligung, Mobbing etc..

Relevanz der Unterscheidung

Die Unterscheidung ist von Bedeutung, da der Ersatz von materiellen Schäden als Ersatz vom Verdienst steuerpflichtiger Arbeitslohn ist. Dagegen ist die Entschädigung von immateriellen Schäden kein Ersatz für den entgangenen Arbeitslohn und damit nicht steuerpflichtig.

Geltendmachung der Ansprüche im Arbeitsrecht

Der Anspruch muss schriftlich innerhalb von 2 Monaten geltend gemacht werden (§ 15 Abs. 4 AGG). Die Frist beginnt bei einer Bewerbung mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt. 

Zudem gibt es auch eine dreimonatige Klagefrist, die mit schriftlicher Geltendmachung des Anspruchs beginnt (§ 61b ArbGG).

Der Arbeitnehmer muss im Prozess die Benachteiligung auch nicht beweisen, sondern nur glaubhaft machen, § 22 AGG.

Im nächsten Beitrag stellen wir den Begriff der „angemessenen Entschädigung“ im Sinne des § 15 Abs. 2 S. 1 AGG dar.

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