Corona – Einseitige Vertragsanpassung durch den Fitnessstudiobetreiber
Immer wieder befassen sich Gerichte mit der Frage, ob eine einseitige Vertragsanpassung durch den Fitnessstudiobetreiber aufgrund von Corona möglich ist. Mittlerweile ist auch ein Verfahren beim Bundesgerichtshof anhängig. Wir geben einen Überblick über aktuelle Urteile zum Thema „einseitige Vertragsverlängerung bei Fitnessstudioverträgen“!
Corona - Einseitige Vertragsanpassung nicht zulässig
AG Papenburg, Urt. v. 18.12.2020, Az. 3 C 337/20:
Unzumutbarkeit der einseitigen Vertragsanpassung
Nach dem AG Papenburg ist aufgrund der Umstände des Einzelfalls die einseitige Vertragsverlängerung für das Fitnessstudiomitglied nicht zumutbar. Es begründete „Bekanntlich sind für die von den Coronamaßnahmen betroffenen Betriebe vielseitige und umfangreiche finanzielle staatliche Hilfen geschaffen worden, um hier Einbußen auszugleichen. Ein zusätzliches Bedürfnis für weitere Hilfen im Wege der Risikoüberbürdung auf den Verbraucher erscheint hier nicht ersichtlich.“ „Eine zeitlich ungewisse und evtl. sehr langfristige Vertragsverlängerung um solche Schließungszeiten erscheint aber dem Kunden nicht zumutbar und könnte letztlich auch zu einer Vertragsbindung über einen gesetzlich nicht zulässigen Zeitraum hinaus führen.“
Das LG Osnabrück musste sich nach dem AG Papenburg als Berufungsinstanz mit der Sache befassen. EineVertragsanpassung sei nicht möglich. Mit Art. 240 § 7 EGBGB wurde die Möglichkeit der einseitigen Vertragsverlängerung durch den Gesetzgeber geregelt. Diese bestehe aber lediglich für Miet- und Pachtverhältnisse, nicht für Freizeiteinrichtungen. Dafür bestehe die Möglichkeit der Gutscheine aus Art. 240 § 5 EGBGB.
AG Döbeln, Urt. v. 15.03.2021, Az. 3 C 878/20:
Pacta sunt servanda
Auch das AG Döbeln lehnt die Zulässigkeit einer einseitigen Vertragsverlängerung ab und begründet das mit dem Grundsatz „pacta sunt servanda“. Danach sind Verträge einzuhalten. Dieser Grundsatz sei derstark manifestiert, dass eine einseitige Vertragsverlängerung gerade nicht möglich sein. Es handele sich um einen gegenseitigen Vertrag, der eine feste Vertragslaufzeit habe und feste Kündigungsfristen.
AG Schöneberg, Urt. v. 06.05.2021, Az. 13 C 99/20:
Keine einseitige Vertragsanpassung wegen Unmöglichkeit
Auch das AG Schöneberg lehnte dies ab. Es liege ein Fall von Unmöglichkeit nach § 275 BGB vor. Sei § 275 BGB gegeben, so sei aber der Anwendungsbereich der Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB nicht eröffnet. Auf diesen wurde aber gerade die einseitige Vertragsverlängerung gestützt (BT-Drs. 14/6040 S. 176; MüKo/Ernst, BGB, § 275 R. 19; NK-BGB/Dauner-Lieb, BGB, § 275 Rn. 37).
Corona - Einseitige Vertragsanpassung zulässig
AG Gütersloh, Urt. v. 09.08.2021, Az. 10 C 667/20:
Einseitige Vertragsanpassung wegen höherer Gewalt & Unzumutbarkeit für den Fitnessstudiobetreiber
Nach dem AG Gütersloh ist die einseitige Vertragsanpassung zulässig. Es begründet: „die Covid19 – Pandemie und die damit einhergehenden Beschränkungen des Lebens und insbesondere auch die Schließung der klägerischen Sportanlage stellt einen solchen Fall von höherer Gewalt dar.“ Daher sei „ein Festhalten am unveränderten Vertrag unter diesen Bedingungen unzumutbar“. Infolge der Vertragsanpassung werden die gegenseitigen Interessen in einem angemessenen Verhältnis ausgeglichen.
Mit dieser Begründung bejahte auch das AG Dortmund (Urt. v. 07.05.2021, Az. 427 C 7391/20) die Möglichkeit der einseitigen Vertragsanpassung bei Corona durch den Fitnessstudiobetreiber.
AG Zeitz, Urt. v. 01.12.2020, Az. 4 C 112/20:
Gutscheine bei Unzumutbarkeit für das Mitglied
Das AG Zeitz war der Ansicht, dass infolge der Schaffung von Art. 240 § 5 EGBGB eine einseitige Vertragsanpassung gerade sinnvoll sei. Bei Unzumutbarkeit für das Fitnessstudiomitglied sei dem, der seine Beiträge schon gezahlt hat, ein Gutschein auszustellen. Sei noch nicht gezahlt worden, so sei er dagegen von der Zahlung der Beiträge freizusprechen.
AG Ibbenbüren, Urt. v. 01.12.2020, Az. 4 C 112/20:
Einseitige Vertragsanpassung zumutbar für den Kunden
Auch das AG Ibbenbüren bejahte die Möglichkeit einer einseitigen Vertragsverlängerung. Dabei ging es insbesondere auf die Unzumutbarkeit ein. Es führte aus:
Es sei auch für die Kunden der Fitnessstudios zumutbar. „In den zwei Monaten während der behördlicherseits angeordneten Schließung des Fitnessstudios konnte sie nicht trainieren und hat auf der anderen Seite auch keine Mitgliedsbeiträge gezahlt. Wäre die Schließung nicht erfolgt, hätte sie trainieren können und Mitgliedsbeiträge zahlen müssen. Genau dies wird nun dadurch hergestellt, dass sich der Vertrag um zwei Monate verlängert. Im Ergebnis hat die Beklagte damit während der gesamten Vertragslaufzeit bis zum 31.07.2020 genau diejenigen Beträge zu zahlen, die sie gezahlt hätte, wenn es die Corona-Pandemie nicht gäbe.“
Fazit zur einseitigen Vertragsanpassung
Das BGH-Urteil kann mit Spannung erwartet werden! Beide Seiten haben Argumente für sich. Die Kunden der Fitnessstudios berufen sich v.a. auf die Unzumutbarkeit einer einseitigen Vertragsverlängerung. Diese Unzumutbarkeit können die Fitnessstudiobetreiber aber sicherlich mit Gutscheinlösungen abfangen! Zudem müssen die Kunden bei einer einseitigen Vertragsverlängerung lediglich genau den Betrag bezahlen, den sie auch ohne die Pandemie gezahlt hätten. Auch ist nicht ersichtlich, wieso es nicht möglich sein soll, eine nach § 275 BGB unmöglich gewordene Leistungspflicht durch Vertragsanpassung wieder möglich zu machen.
Dr. Krieg & Kollegen Köln
Die Kanzlei Dr. Krieg & Kollegen aus Köln berät und vertritt bundesweit in rechtlichen Fragen. Haben Sie als Fitnessstudiobetreiber noch Fragen zur einseitigen Vertragsanpassung wegen Corona?
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