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Corona – Kein Schutz durch Versicherung bei Betriebsschließung

Der Versicherungsschutz in der Corona-Krise

Die Auswirkungen der Corona-Krise auf die Wirtschaft in Deutschland sind immernoch deutlich spürbar. Viele Gewerbetreibende – Fitnessstudios, Handwerksbetriebe, Zahnarzt- und Arztpraxen sowie viele andere Unternehmen – befinden sich durch die behördlich angeordnete Schließung in wirtschaftlicher Not.

Viele Gewerbetreibende verfügen über eine Betriebsschließungsversicherung bzw. Praxisschließungsversicherung oder eine Betriebsunterbechungs-Versicherung. Wir nehmen die verschiedenen Versicherungsprodukte unter die Lupe und setzen Sie in den aktuellen Kontext.

Welche Versicherungen können überhaupt greifen?

Der komplette oder teilweise Ausfall eines Betriebes führt in aller Regel dazu, dass ein Unternehmen oder Selbstständiger einen Ertragsausfall zu beklagen hat. Dieses Risiko soll durch eine entsprechende Versicherung abgedeckt werden.

Die Betriebsunterbrechungs-Versicherung

Der klassische Fall liegt dann vor, wenn ein bestimmtes Ereignis, das zu deinem Sachschaden führt im Unternehmen führt, eine zeitweise Unterbrechung des Betriebes erfordert (z. B. Sturm- oder Wasserschaden). Diese Versicherung greift im Falle von Corona-bedingten Schäden nicht ein.

Die Betriebsschließungs- bzw. Praxisschließungsverischerung

Wird eine Einrichtung oder ein Betrieb aufgrund behördlicher Anordnung geschlossen, so könnte diese Versicherung-Police auch bei in der aktuellen Corona-Krise eingreifen. Die bekannten Fälle beziehen sich auf Schließungen wegen Salmonellen oder multiresistenter Keimausbrüche – eine vergleichbare Lage zur aktuellen Corona-Krise.

Ausnahme: Entschädigungsanspruch aus dem Infektionsschutzgesetz

Eine weitere Möglichkeit ist ein Entschädigungsanspruch gemäß § 56 lfSG und gemäß § 65 lfSG. Dazu mehr in einem anderen Artikel.

Wann zahlt meine Versicherung?

Die lässt sich nicht einheitlich beantworten, da die konkreten Versicherungen ihrem Inhalt nach verschieden ausgestaltet sein können. Grundsätzlich gilt jedoch folgendes:

  • ein versicherter Betrieb muss aufgrund behördlicher Anordnung geschlossen werden
  • die behördliche Anordnung muss auf das Infektionsschutzgesetz (lfSG) gestüzt sein
  • der Betrieb wird wegen eines meldepflichtigen Krankheitserregers geschlossen

Die Betriebsunterbrechungs-Versicherung

Die Betriebsunterbrechungs-Versicherung ist typischerweise an einen bestimmten Inhalt gebunden (Sturm-, Feuer,- oder Wasserschäden etc.) und greift bei einem Corona-bedingten nicht ein. Etwas anderes könnte sich jedoch ergeben, wenn eine Allgefahren-Versicherung („All-Risk“) besteht. Diese könnte auch im Falle von Corona eingreifen.

Die Betriebsschließungs- bzw. Praxisschließungsverischerung

Wie bereits erwähnt können diese Arten der Versicherung bei einer behördlich angeordneten Schließung aufgrund von Corona greifen.

Aufgrund der Corona-Virus Meldepflichtverordnung (CoronaVMeldeV) vom 01.02.2020 ist auch COVID-19 als Krankheit im Sinne des Infektionsschutzgesetzes aufgenommen worden. Das heißt konkret, dass es sich um einen meldepflichtigen Krankheitserreger handelt. Somit sind die Anforderungen für den Eintritt eines Versicherungsfalls eigentlich gegeben.

Hindernisse können sich jedoch daraus ergeben, dass die konkreten Versicherungsbedingungen abschließend aufzählen bei welchen Krankheiten ein Versicherungsfall eintreten kann. Da COVID-19 bis Ende letzten Jahres ein unbekanntes Krankheitsphänomen gewesen ist, wird eine Auflistung dessen in der Regel nicht der Fall sein. Zudem können Ausschlüsse für „außergewöhnliche Ereignisse“ Bestandteil der Vereinbarungen sein, worauf sich die Versicherer in ihrem Interesse berufen können.

Was sagen Versicherer, wie urteilen die Gerichte?

Versicherungen haben oft den Ruf, nicht zahlen zu wollen. Und so auch im Falle der Betriebsschließungsversicherung: Als rechtliches Argument von den meisten Versicherungen vorgetragen, dass das deutsche Infektionsschutzgesezt (IfsG) bis zum 01.02.2020 keine Nennung des COVID-19-Virus enthalten hat. Da die meisten Versicherungsbedingungen so formuliert sind, dass Schutz gegen eine Betriebsschließung wegen Seuchen- und/oder Infektionsgefahr nur solche Infektionen umfasst, die im IfSG aufgelistet sind, wird das Eintreten durch den Versicherer versagt.

Standpunkt der Versicherungen

Totalblockade

Auf der Homepage des Gesamtverband Deutscher Versicherungswirtschaft (GDV) findet sich seit dem 24.04.2020 eine Stellungnahme, die eindeutig aufzeigt, dass „aus Sicht vieler Versicherer sind diese Fälle [Pandemie, Allgemeinverfügung] nicht versichert“ sind. 

So lehnen beispielweise die Helvetia Versicherung, die AXA Versicherungs AG, die direkt Assekurenz Service GmbH, die R+V Allgemeine Versicherung AG und die Würtembergische Versicherung den Versicherungsschutz ab.

Diese Ansicht wird auch ferner für die Zukunft bestätigt. Seit dem 16.12.2020 finden sich „Musterbedingungen“ auf der Seite des GDV, die „eindeutig und verständlich [regeln sollen], in welchen Fällen behördlich angeordnete Betriebsschließungen aufgrund von Krankheiten oder Krankheitserregern versichert sind.“ Pandemien seien weiterhin „nicht versicherbar“.  

Kulanzlösung

Es gibt jedoch auch Versicherer – z. B. Signal Iduna, HDI -, die sich kundenfreundlich zeigen und betonen, dass auch „behördlich angeordnete Betriebsschließungen durch das coronavirus versichert“ sind. 

In Bayern habe einige Versicherer angeboten 10 – 15 % der Tageseinnahmen zu zahlen. Die übrigen Einnahmedeffizite sollen durch die Staatshilfe abgedeckt werden.

Standpunkt der Gerichte

Landgericht Mannheim

Das LG Mannheim hat sich in einem Urteil vom 29.04.2020 (Az. 11 O 66/20) gegen die Einwendungen der Versicherer gestellt und diese als rechtlich unbegründet zurückgewiesen.

Die streitgegenständliche Klausel des Versicherers, die so auch in anderen Versicherungs-policen zu finden ist, lautet wie folgt:

„Der Versicherer leistet Entschädigung, wenn die zuständige Behörde auf der Grundlage des Infektionsschutzgesetzes (IfSG)

  1. Den versicherten Betrieb oder eine versicherte Betriebsstätte zur Verhinderung der Verbreitung von meldepflichtigen Krankheiten oder Krankheitserregern beim Menschen schließt; Tätigkeitsverbote gegen sämtliche Betriebsangehörige eines Betriebes oder einer Betriebsstätte werden einer Betriebsschließung gleichgestellt;
  2. Meldepflichtige Krankheiten und Krankheitserreger im Sinne der Bedingungen sind die in den §§ 6 und 7 IfSG namentlich genannten Krankheiten und Krankheitserreger.“

Argumentativ stützen sich die Mannheimer Richter darauf, dass ein  durchschnittlicher Versicherungsnehmer in den Vertragsbedingungen bei Bezugnahme auf das IfsG jede auf das IfsG gestützte Betriebsschließung verstehe. Es könne dabei auch nicht darauf ankommen, ob die Schließung als Einzelverfügung oder Allgemeinverfügung ergeht.

Oberlandesgericht Hamm

Das Urteil des OLG Hamm (Az. 20 W 21/20) vom 15.07.2020 stärkt hingegen den Versicherungen den Rücken. 

Entsprechend der Versicherungsbedingungen sollte der Versicherungsschutz nur für die im Versicherungsvertrag genannten Krankheiten & Erreger in Betracht kommen. Durch die abschließende Auflistung hätte der Versicherungsnehmer davon ausgehen müssen, die Versicherung wolle nur für die explizit aufgeführten Fälle den Versicherungsschutz gewähren.

Wichtig ist allerdings hierbei, dass der Beschluss lediglich im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ergangen ist und aufgrund der zugrunde liegenden Versicherungsbedinungen. Das Gericht wollte die Entscheidung in der Hauptsache nicht vorwegnehmen, gleichwohl könnte das Gericht bei anderen Versicherungsbedinungen komplett anders entscheiden.

Landgericht München I

Die Entscheidung der Münchener Richter vom 01.10.2020 (Az. 12 O 5895/20) geht sogar noch weiter ich Richtung Schutz der Versicherungsnehmer.

Für die Einstandspflicht der Versicherer komme es allein auf die infektionsrechtliche Rechtsgrundlage an. Das bedeutet, dass es auch egal ist, ob der geschlossene Betrieb tatsächlich wegen einer COVID-19 Inefktion geschlossen werden musste. Es komme lediglich darauf an, dass der Betrieb aufgrund des IfSG geschlossen wurde.

Doch das war noch nicht alles: Staatliche Liquiditätshilfen, Kurzarbeitergeld und (im Falle eines Gastronomie-Betriebs) Außer-Haus-Verkäufe werden nicht anspruchsmindern berücksichtigt!

Fazit

Unseres Erachtens kommt es jedoch nicht darauf an, dass der jeweilige Erreger („COVID-19“) bekannt gewesen ist, sondern die Tatsache, dass eine behördlich angeordnete Schließung aufgrund des Infektionsschutzgesetzes erfolgt ist. Für Sie als Versicherungsnehmener sehen wir daher die Möglichkeit des Eintritts Ihrer Versicherung.

In jedem Fall gilt, dass die vertraglichen Bedingungen der jeweiligen Versicherungen geprüft werden sollten. Wir helfen Ihnen dabei, sich mit Ihrer Versicherung in Verbindung zu setzen und stellen Ihnen eine kostenlose Einschätzung aufgrund Ihrer Versicherungsbedingungen zur Verfügung.

Update:

Coronabedingte Betriebsschließung fällt nicht unter Versicherungsschutz

Der BGH (Urteil vom 26.01.2022, Az. IV ZR 144/21) hat sich mittlerweile auch mit der coronabedingten Geschäftsschließung und Fragen des Versicherungsrechts beschäftigt. Dabei urteilte er, dass die Versicherung nicht zahlen muss. Das Gericht begründete, dass die Liste mit den Krankheiten und Krankheitserregern in den Versicherungsbedingungen sinnlos wäre, wenn dann doch jede meldepflichtige Krankheit erfasst werde. Es handele sich um eine abschließende Liste

Es sind 160 Verfahren beim BGH zum Thema Corona und Betriebsschließungsversicherung anhängig. Damit scheint es so, als würden zumindest die Fälle ähnlich entschieden werden, in denen ähnliche oder sogar gleiche Bedingungen im Vertrag vereinbart wurden. Ansonsten scheint eine abweichende Entscheidung nicht ausgeschlossen.

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